Nahrungsmittel, die bestimmte Nährstoffe in einer hohen Menge liefern, werden als Superfood bezeichnet. Häufig kommen einem bei diesem Begriff als Erstes Vertreter aus fernen Landen, wie Chiasamen oder Goji-Beeren, in den Sinn. Jedoch muss der Blick gar nicht in die Ferne schweifen, wenn das Gute praktisch vor der Haustür wächst und gedeiht. Die knallorangene Sanddornbeere steht ihren exotischen Konkurrenten in nichts nach. Wir nehmen die heimische Powerbeere etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Aus Nepal an die nordische Küste
Der Sanddorn, lateinisch Hippophae rhamnoides, ist ein einheimisches Strauchgewächs, das seinen Ursprung in Nepal hat und vermutlich während der Eiszeiten Einzug nach Mitteleuropa hielt. Weil Sanddorn in kalkhaltigen Sand- und Kiesböden besonders gut gedeiht, besiedelte er wohl als eines der ersten Gehölze die großflächigen Geröll- und Schotterflächen, die nach dem Rückzug der Gletscher blieben. Noch dazu braucht er volles Sonnenlicht und reagiert äußerst empfindlich auf jegliche Beschattung, wodurch er nach und nach von den neu entstehenden Wäldern aus dem Landesinneren in die kargen Sanddünen der Küstenregionen im Norden Europas, kiesige Flussauen und auf alpine Schotterflächen in den Pyrenäen verdrängt wurde. In Deutschland findet man die Beeren-Sträucher heute häufig an den Dünen der Ost- und Nordsee. Der landwirtschaftliche Anbau auf Plantagen wird seit den 1960ern in der ehemaligen DDR betrieben, die auch heute noch zahlreich in Betrieb sind.
Bis ein Strauch ausreichend herangewachsen ist und Früchte trägt, vergehen etwa sechs bis acht Jahre. Im Frühling bekommt der Sanddorn weiße Blüten. Im Herbst sind die knallorangenen Sanddornbeeren, deren Erntezeit je nach Sorte variiert, voll ausgereift. Die Ernte gestaltet sich aufwändig und schwierig, da die prallen Beeren von dichten Dornen umgeben sind, die Erntegut und -helfer gleichermaßen verletzen können. Gängige Praxis ist es einzelne Äste abzuschneiden, Schock zu frosten und mit Hilfe eines Gebläses von den Blättern zu befreien. Anschließend lassen sich die Beeren einfach von den Ästen abschütteln.
Übrigens: Seine lateinische Gattungsbezeichnung Hippophae, übersetzt: „leuchtendes Pferd“, hat der Sanddorn vermutlich den alten Griechen zu verdanken. Diese verfütterten die orangenen Beeren an ihre Pferde, um deren Fell zum Glänzen zu bringen.
Die „Zitrone des Nordens“
Der Vitamin-C-Gehalt der heimischen Powerbeere ist enorm: Je nach Sorte variiert er zwischen 200 und 450 mg pro 100 g frisches Fruchtfleisch. Deshalb wird Sanddorn auch häufig als „Zitrone des Nordens“ bezeichnet, obwohl der Vergleich etwas hinkt. Zitronen oder Orangen kommen gerade auf 50 mg Vitamin C pro 100 g. Darüber hinaus enthalten die Beeren von Natur aus wertvolles Vitamin E und Provitamin A. Mit diesen Vitaminen kann das Wildobst zur Unterstützung eines normalen Immunsystems beitragen und hat seine Einstufung als heimisches Superfood hochverdient.
Ein lokaler Exot erobert die Lebensmittelbranche
Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel bietet eine breite Produktpalette an unterschiedlichen Sanddorn-Produkten. Aufgrund der schwierigen Erntebedingungen und der langen Anlaufphase bis zur ersten Ernte ist Sanddorn ein relativ teurer Rohstoff. Sanddornbeeren werden wegen ihres säuerlichen Geschmacks eher selten roh verzehrt, sondern meist zu Saft, Mus, Tee, Marmelade und Gelee oder Sirup verarbeitet. Der orangefarbene dickflüssige Saft eignet sich hervorragend für Mixgetränke oder die Zubereitung fruchtiger Cocktails. Auch Liköre und Obstweine werden aus den Beeren hergestellt. Aus den Kernen lassen sich hochwertige Pflanzenöle gewinnen. Zu Direktsaft gepresster Sanddorn schmeckt pur oder nach Belieben mit Wasser oder Tee verdünnt. Auch Joghurt, Quark, Kefir oder Buttermilch sowie Smoothies, Müsli und Suppen lassen sich mit Sanddorn-Direktsaft verfeinern.
Quelle: Heseker/Heseker: Die Nährwerttabelle, 6. aktualisierte Auflage 2019/2020, Umschau Zeitschriften Verlag